Barrique-Haus Verkostung zum 85.

Manchmal gibt es Tage im persönlichen Weinleben, da entdeckt man für sich Neues, ist sofort elektrifiziert und kann der magischen Anziehungskraft der berührenden Weine die vor einem stehen nicht mehr standhalten. Heute ist für uns so ein Tag. Zu verdanken haben wir ihn Sven Enderle und Florian Moll.

Doch zunächst zum Anfang der Geschichte. Die beiden jungen Männer lernten sich während ihrer Winzerausbildung (2003 bis 2005) in Freiburg kennen und gingen danach zunächst jeder seines Weges. Wie das Schicksal so spielt, gründeten sie 2007 ihr kleines aber feines Weingut „Enderle Moll“ in der Ortenau/Baden mit einer glasklaren, simplen Philosophie – die Erzeugung erstklassiger, regional- und herkunftstypischer Spätburgunder in ausschließlich den Wein in seiner Entstehung begleitender Position. Mittlerweile gibt es ebenfalls ein wenig Weißwein und ihre bewirtschafteten Rebflächen sind auf etwas über 2ha angewachsen. Noch immer nicht mehr, als ein kleines Garagenweingut. Unzählige Nebenjobs zum über dem Wasser halten begleiteten diesen Weg. Hut ab! Wer lebt denn heute noch seinen Traum, arbeitet sich den Hintern wund im Weinberg und sorgt an anderer Stelle noch dafür, dass die nötigen Euros in die Tasche kommen.

Die Reben sind ihre Freunde. Richtige Schätze konnten sie erwerben, 25-45 Jahre alte Rebstöcke mit einer hohen Stockdichte auf Buntsandstein und bis zu 60 Jahre alte Rebstöcke auf Muschelkalk, sogar mit einem minimalen Terrassenanteil. Die beiden passen auf ihre Freunde auf. Keine Maschine kommt ihnen zu nahe, alles Handarbeit, d.h. bspw. Mähen mit der Sense. Eine ökologische Arbeitsweise mit zum Großteil biodynamischen Einflüssen ist für beide ebenso selbstverständlich. Die begleitende Tätigkeit umfasst natürlich auch den Keller. Keine Most- oder Farbkonzentration, kein Umpumpen, kein Umrühren, sanftes Pressen von Hand mit einer alten Korbpresse, Spontangärung, keinerlei Filtration und null Schönung.

Nur und ausschließlich so können in den Bann ziehende Charakterweine entstehen, wie wir sie heute im Glas haben. Persönlichkeiten mit Herkunft und natürlicher Ausstrahlung. Ursprünglich, zutiefst authentisch und nicht in kleinster Weise hingekünstelt oder verfälscht. Helle Farbe, trotzdem mit urwüchsiger Kraft entgegenschlagend und dabei so unglaublich leichtfüßig und schlank bleibend. Der „Buntsandstein“ nahezu schwerelos daherkommend. Eleganz und Feingliedrigkeit in Vollendung. Imposante Säurebetonung und der Fokus liegt ganz klar auf Würzigkeit und Mineralität. Die Frucht wird selbstverständlich nicht vergessen. Neues Holz spielt keine Rolle und hat hier auch nicht das Geringste zu suchen. Sven und Florian verwenden gebrauchte Fässer renommierter Erzeuger aus dem Burgund. Darin lagern die Weine zwischen 12 und 15 Monaten. Die Weine zeigen Verwandtschaft zu französischen Burgundern, ahmen aber nichts nach, sondern stehen für sich selbst. Die Spätburgunderreben sind keine Klone aus dem Burgund, sondern regionale Varietäten. Erfreulich die niedrigen Alkoholwerte von gerade einmal 13%.

Die Topweine „Muschelkalk“ und „Buntsandstein“ bauen eine irrsinnige Spannung auf. Wild und urwüchsig, ebenso eher noch verschlossen. Beide brauchen enorm viel Luft, um in Ansätzen zu zeigen, was in ihnen steckt. Vieles nur in Andeutung, aber was da ist, fasziniert und reißt mit. Pinot Noir von Weltformat. Ganz eigen, in Deutschland kennen wir kaum Vergleichbares. Die Weine schmecken so, wie sie in die Flasche gebraucht werden. Das ist die Kunst, dafür sind wir dankbar! Der perfekte Gegenpart zum röstigen Neuholz mit Kakao- und Schokoladenprägung – was auch seine Berechtigung hat.

Der „Muschelkalk“ ist deutlich mächtiger und wuchtiger als der schwebende „Buntsandstein“. Die „Liaison“ ist die Abstufung zu den beiden Gesteinsweinen. Sie zeigt den gleichen Stil und Fokus wie bereits beschrieben, verständlicherweise nicht in der Präzision und der Genialität wie die beiden großen Brüder es tun. Ein Wein, der die famose Handschrift des Weingutes in die Welt trägt.

Zurück zum Anfang der Geschichte, wir stehen unter Strom. „Muschelkalk“ und „Buntsandstein“ zaubern uns Glücksgefühle herbei und ein Lächeln ins Gesicht. Merci. Weingüter wie Enderle Moll sind ein Glücksfall. Wir wünschen uns noch viele mehr von dieser Sorte. Kaufen, kaufen, kaufen, damit Sven und Florian genauso weitermachen können wie bisher.

Die Weine (bitte anklicken)

Wein201   Wein202   Wein203
Enderle Moll – Pinot Noir “Liaison”   2012 (zur VKN)   Silber

Enderle Moll – Pinot Noir “Buntsandstein”   2012 (zur VKN)   Gold

Enderle Moll – Pinot Noir “Muschelkalk”   2012 (zur VKN)   Gold

Bezugsquellen (Beispiele)
Noble Wine München / Suche auf Wine-Searcher.com

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