Am 28. und 29. April fand in Mainz die Weinbörse des Verbands Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) statt. Es ist die wichtigste Messe für den deutschen Wein, offen steht sie Fachbesuchern aus Handel und Gastronomie. Dieses Jahr war sie besonders, denn einerseits führt der VDP sein neues, 4-stufiges Klassifikationsmodell ein. Darüber wird noch viel zu reden und zu streiten sein, grundsätzlich gefällt es uns aber wirklich gut. Andererseits werden die Unterschiede in den Weinen, bezogen auf ihre Philosophie, immer gravierender. Denn die Erzeuger beherrschen ihre Vorgehensweisen mehr und mehr bis ins Detail und dies resultiert in steigender und steigender Qualität. Hier der gnadenlose, konzentrierte Fokus auf die Herkunft, oftmals in Verbund mit „natürlicher/schonender“ Weinbergs-/Kellerarbeit oder auch Spontangärung. Und dort die „traditionellen/unmutigen“ Weine mit einem zu erreichenden Weinbild dahinter, der Jahrgang oder die Herkunft sollen keine große, bedeutende Rolle spielen. Außerdem soll sich an diesen Weinen kaum etwas ändern. Natürlich gibt es auch Betriebe, die beides vermischen. Was haben wir davon? Ganz klar Spannung und Vielfalt. Unser Herz schlägt momentan eindeutig für die Herkunft und die Lage, für die angemessene Natürlichkeit und den damit verbundenen, ultraspannenden, charaktervollen Weinen mit einer ganz neuen Faszination und inneren Dichte. Was aber nicht bedeutet, dass es keine „Klassiker“ gibt, die nicht ebenso überzeugen können.
Nun aber zu den „harten“ Fakten. Unser Fokus lag diesmal auf restsüßen Rieslingen und Rotweinen aus dem Norden und dem Süden. Bei 1500 Weinen zur Auswahl, konnten wir natürlich nicht im Ansatz alles verkosten. Hier unsere Favoriten bzw. „to taste“ Empfehlungen. Riesling restsüß 2012: Kabinett, Spätlese, Auslese An der Saar brillieren Geltz-Zilliken (süßer, opulenter Stil) und Peter Lauer (frischer, schlanker Stil) mit beispielhaften Kabinetten und prächtigen Spät- und Auslesen. Dahinter reihen sich von Hövel und von Othegraven (viel „schmeckbarer Zucker“) ein. An der Mosel ist Schloss Lieser unsere Nummer 1. Die brillanten Weine werden von einer sensationellen Auslese Goldkapsel „Juffer Sonnenuhr“ umrahmt. Hier stimmt durch die Palette einfach alles. Ebenfalls enorm stark Reinhold Haart. Fritz Haag auch auf durchweg hohem Niveau, aber uns fehlte etwas der letzte Kick, die Auslese „Juffer Sonnenuhr“ am stärksten. Unser Sympathiepreis für sehr geradlinige, trinkfreudige Exemplare geht an Weins-Prüm. Und dann gab es da noch eine Auslese „Uhlen Roth Lay“ 2010 von Heymann-Löwenstein. Potz, Blitz und Donner – Wahnsinn. Dichte, Aroma, Salzigkeit und diese Balance, überragend. Die üblichen Verdächtigen überzeugten an der Nahe, wenn gleich nicht mit der besonderen Faszination der Mosel und Saar. Führend Schäfer-Fröhlich und Diel. Gegensätzlicher geht auch kaum: stinkig und steinig gegen ruhend und elegant. Auch exzellent die Steinberg Spätlese vom Im Rheingau fanden wir wundervolle Weine bei P.J.Kühn, Ress, Künstler und Schloss Schönborn. Auf dem Thron aber Schloss Johannisberg. Die schon grandiosen Spät- und Auslese gipfelten in der „Rosa-Goldlack Beerenauslese“ und „Goldlack Trockenbeerenauslese“. Giganten für die Ewigkeit. Einzigartig, meisterhaft und vollkommen. Zu beschreiben ist das nicht, nur erlebbar mit eigenen Gefühlen. Riesling trocken 2012 Hier konnten wir gezielt nur 2 Weingüter und einige exemplarische Rieslinge verkosten. Durch die Bank komplett überzeugend Van Volxem von der Saar. Qualität, Trinkfluss, das macht einfach Spaß. Dies gilt auch für die Ortsweine von Battenfeld-Spanier und Kühling-Gillot. Wunderbare Struktur, Noblesse und Mineralität. Ebenfalls erwähnenswert aus Rheinhessen der VDP-Neuling Winter. Die Rieslinge “Geyersberg” und “Leckerberg” (beide aus 2011) sind hervorragend. Ein „Aha“-Effekt dann beim Riesling „Schiefergestein“ von Schäfer-Fröhlich, leider geil! Phänomenal die Kollektion von Heymann-Löwenstein 2011. Kolossale Rieslingunikate, wie wir sie nur selten im Glas hatten. Das ist groß! „Uhlen Laubach“ und „Uhlen Roth Lay“ von einem anderen Stern. Das muss man probieren um Riesling zu verstehen! Spätburgunder 2009, 2010, 2011 (etwas Lemberger) Manchmal muss man einfach durch. So müssen wir unsere Reise durch Baden, Württemberg und an die Ahr beschreiben. Es passt zur aktuellen Diskussion in der deutschen Weinonlinewelt wie die Faust aufs Auge. Es gibt nur ganz weniger Weingüter, die Rotwein, insbesondere Spätburgunder können. Viele halten anscheinend konzentrierten, holzigen Kirschsaft für ein Großes Gewächs. Mal ein bisschen Feuerholz dazu, mal ein wenig Kräutertee. Was soll das, würde Herbert Grönemeyer fragen? Und mit der Haltbarkeit dieser Weine ist es auch nicht weit her. Nahezu halbtote Weine aus 2009 und auch 2010 gab es zu verkosten – für das Preissegment und die Ansprüche katastrophal! Eine blauäugige Reise an die Ahr können wir nur bedingt empfehlen. Irgendwie fühlen wir uns mehr und mehr wie in einem weintechnischen Versuchslabor. Wieso versucht man hier nicht einfach schiefergeprägte, elegante Spätburgunder zu erzeugen? Ein Rätsel. Durch die Bank sehr gut gefielen uns die Weine von Meyer-Näkel. „Blauschiefer“ und „S“ aus 2011 wurden ergänzt durch das GG „Pfarrwingert“ 2010. Aller Diskussionen um 2010 und das dieses Weingut als einziges überhaupt GGs abfüllte zu trotz – der Wein kann voll (bis auf die 2010er dünne Mitte) überzeugen. Nicht ganz überzeugend diesmal Adeneuer, aber die No.1 2011 wieder ein Top-Wein. In Baden können es richtig gut Huber, Dr. Heger und Seeger (der 2009 RRR famos!). Sehr interessant auch Wöhrle (Stadt Lahr). In Württemberg gefielen uns Aldinger, Dautel, Kistenmacher-Hengerer (u.a. ein ausgezeichneter reinsortiger Cabernet Franc) und das Staatsweingut Weinsberg macht enorme Fortschritte. |
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