Die Franken haben es nicht leicht in der deutschen Weinwelt. Das mag einerseits an der doch gewöhnungsbedürftigen Haptik und Ästhetik des Bocksbeutels liegen. Andererseits ist das Image des Silvaners nicht gerade sexy und auf die Frage, in welcher Region sich denn etwas bewegt, kommt kaum jemand auf Franken. Schauen wir einmal genauer hin, stellen wir fest, dass in Franken doch kein Stillstand herrscht. Auch dort gibt es hungrige, junge Winzer die experimentieren, mutig sind und die Qualitäten steigern. Seit wenigen Jahren gibt es ein Weingut, dass aus dem Nichts heraus Rotweine internationalen Formats erzeugt und quasi direkt in einem Atemzug mit dem Weingut Rudolf Fürst genannt werden muss – das Weingut der Stadt Klingenberg „Benedikt Baltes“.
1912 durch die Stadt Klingenberg gegründet, blickte dieses fränkische Rotweinwunderland schon seit Jahrhunderten auf eine große Rotweintradition zurück (erste urkundliche Erwähnung 1261). Nach Jahren des Defizites im 21. Jahrhundert entschloss sich die Stadt zu einem Verkauf. Es gab 2 Bewerber, den jungen Winzer Benedikt Baltes (26), der sein Handwerk u.a. beim Weingut J.J. Adeneuer an der Ahr lernte und „die Chinesen“. Nach einem Treffen stellten sich „die Chinesen“ als Xianzhong Xu, 28 Jahre, Student in Dresden heraus. Bei 1-2 guten Flaschen Wein fanden sich viele Gemeinsamkeiten, Wünsche und Ziele, so dass kurzerhand aus beiden im Jahre 2010 Geschäftspartner wurden. Einher gingen und gehen höchste Ambitionen: der Ausbau zum Spitzenweingut, Erzielung der höchstmöglichen Qualität und Bewahrung der Verantwortung und Tradition. Das Weingut bewirtschaftet Terrassensteilhänge, die über Jahrhunderte mit Trockenmauern aus rotem Buntsandstein (die vorherrschende Bodenart) errichtet wurden. Die beste Lage, der Klingenberger Schlossberg, steht sogar unter Denkmalschutz. Dieses Kulturerbe ist Inspiration und Qualitätsquelle zugleich. Optimale Ausrichtung zur Sonne, Kamineffekt, Frostschutz, Wärmespeicherung für die Nacht und rasche Abkühlung am Morgen helfen den alten Reben (bis zu 65 Jahre) sich perfekt zu entwickeln und einzigartige Weine hervorzubringen. Der Fokus liegt auf dem Spätburgunder, ein längerfristiges Ziel ist die Umstellung des Rebsortenspiegels auf 100% Spätburgunder, wie es zur Gründung 1912 der Fall war. Benedikt Baltes ist ein Mann mit einer Idee, einer Vision vom Spätburgunder. Es geht ihm um Finesse und Feinheit, Eleganz und Komplexität. Authentische, individuelle, Lagen-, Jahrgangs- und Rebsortentypische Spätburgunder mit Langlebigkeit. Dafür tut er das, was nötig ist. Das was viele Spitzenwinzer erfolgreich tun, aber was letztendlich auf die gesamte dt. Weinproduktion betrachtet, noch viel zu wenig, vor allem nicht konsequent genug, umgesetzt wird. Der Wein entsteht im Weinberg. Alles Handarbeit, bis zu 2500 Stunden Arbeitsaufwand je Hektar (die „Lehre“ im flachen Anbaubereich gibt um die 600 vor) und selbstverständlich nachhaltige und ökologische Arbeitsweise. Im Keller dann das schonende Begleiten bzw. kontrolliertes Nichtstun. Eine ursprüngliche Weinerzeugung. Keine Reinzuchthefen, keine Filtration, geringe Erträge, lange Maischestandzeiten und ein langer Ausbau im Holzfass aus einheimischer Eiche. Das Resultat? Spätburgunder, die in Ihrer Art und Weise sowie durch ihre Qualität nicht nur die deutsche Weinlandschaft bereichern, sondern sich sofort ganz oben mit einreihen. Den Spätburgundertrauben ringt Benedikt Baltes darüber hinaus einen raren, sehr eindrucksvollen Weißwein ab: den Blanc de Noir „R“. Mit viel Holzeinsatz erschafft er einen lagerfähigen, rustikalen, sehr spannenden und burgundischen Charakterkopf. |
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