Die Prowein 2013 ist gerade so eine Woche Vergangenheit, gefühlsmäßig sind es bereits Jahre. Wir setzten unsere Schwerpunkte in Rotwein außerhalb Europas, Österreich und eine kleine Abschlussrunde Riesling Kabinett – ohne geht natürlich nicht!
Werfen wir ein kleines Fazit vornweg: Eine neue Liebe gefunden, „to drink and discover“ Liste enorm angewachsen und Pläne für einen 2. oder auch 3. Job (zur Finanzierung der Liebe und Liste) sollten konkrete Formen annehmen. Spaß beiseite, einerseits strömt dem Verbraucher mehr und mehr „beeindruckende Qualität“ entgegen, er kann sich kaum davor retten. Wir finden das großartig! Andererseits entwickelt sich das Verhältnis zwischen dem verfügbaren Geld der Verbraucher und dem, was er sich davon kaufen kann, mehr und mehr auseinander. Wie bei fast allen Dingen in der heutigen Zeit. Vor 5-10 Jahren konnte sich eine Person im Verhältnis viel mehr hochwertige Weine leisten, als das momentan der Fall ist. Wir finden das sehr schade!
Die lange Verfügbarkeit der Top-Weine unterstreicht dieses ganze Dilemma. Wir hoffen die Weinbranche schafft es auf Kurs zu kommen. Das erfordert sowohl Kunden, die die Qualitäten schätzen und bereit sind, angemessene Preise dafür zu bezahlten. Denn gut Essen und Trinken ist Leben! Und es erfordert auch Preispolitiken, die nachhaltig Kunden versorgt, behält und neue gewinnt. Es kann nur im Interesse aller liegen, dass all diese grandiosen Weine getrunken werden, sie den Weintrinkern viel Vergnügen bereiten und die Produzenten/der Handel – auch finanziell – Lob, Anerkennung und letztendlich ihren Lebensunterhalt bekommen.
Dicke Pluspunkte konnte Kalifornien für sich verbuchen. Egal ob Cabernet Sauvignon, Merlot oder Zinfandel – sind die Gerbstoffe gut und der Alkohol im Zaum macht uns das richtig an. Uns gefielen besonders Ridge, Pine Ridge und Buccella (Importeur gesucht). Die Weine sind rund, haben Power und eine exzellente Textur. Ebenfalls dicke, dicke Pluspunkte für Oregon. Erzeuger wie Ponzi oder Adelsheim liefern eigenständige, leichte, fruchtbetonte und druckvolle Pinots. Wirklich sehr schön, anders und hoffentlich bald in Deutschland verfügbar. Vor allem zusammen mit Essen geht hier einiges! Die überwiegenden Bordeaux-Blends aus Washington mit viel Tannin konnten uns vorerst nicht überzeugen.
Schwer tun wir uns auch mit den Pinots aus Neuseeland, definitiv einige gute und probierenswerte Weine (Ata Rangi, Nautilus, Pegasus Bay, Felton Road, Craggy Range), aber der „Aha“-Effekt stellte sich bei uns nicht ein. Australien widmeten wir uns zeitbedingt nur mittels Penfolds – ganz klar ein großartiger Erzeuger. Aus Südafrika konnten uns insbesondere die Weine von Kleine Salze beeindrucken. Insgesamt ist hier Vorsicht geboten, oftmals sind die Weine unrund, etwas plump und strotzen vor nicht gerade feinen Gerbstoffen – der Händler des Vertrauens ist gefragt.
Sehr angetan waren wir von Chile (Carmen, Vina el Principal) und Argentinien (Dona Paula, Achaval Ferrer). Carmenere und Malbec sind leider geil. Wer feine, verspielte Weine sucht ist hier falsch. Wer aber reife, faszinierende Charakterköpfe sucht ist mehr als richtig.
Die Liebe trifft einen oft unerwartet und aus dem nichts. Eigentlich wollten wir nur kurz Portugal besuchen – wir blieben fast einen Tag allein in dieser Halle. Liebe Leute, was sind diese Weine gut und individuell! Uralte Rebstöcke, gemischte Weingärten autochthoner Rebsorten, steinige Steillagen, Sonne und ein Charme, wie er nur selten zu finden ist. In Portugal gibt es zu so gut wie jeder Mahlzeit Wein und kaum jemand sucht den Wein nach dem Essen aus, sondern es kommt einfach ein Wein auf den Tisch – davor, währenddessen und danach. Vielleicht liegt gerade darin das Geheimnis, wieso diese Weine so sind wie sie eben sind. Sie wollen gar nicht immer und jeden gefallen, sie wollen nicht „glatt“ sein und das ist gut so!
Hier einige Tipps: Quinta Vale D. Maria (Van Zellers), Quinta do Vallado, Quinta do Vale Meo, Quinta do Crasto, Quinta Nova, Niepoort, Bulas, Quinta de Lemos….
Und die Liebe hat eine weitere wundervolle Eigenschaft, sie hält stets aufs neue Überraschungen parat. In unserem Fall Portwein. Liebe Leute, lange Zeit hielten wir Portwein für ein „sehr alkoholisches, süßliches Getränk“ welches nicht oft wirklich rund und stimmig ist. Das lag aber daran, dass wir die falschen Exemplare getrunken haben. Es war/ist eben wie immer, man braucht dringend gute Händler und Empfehlungen. Wir probierten Tawnys und Colheitas – unbeschreiblich. Viel mehr Glück geht fast nicht. Einzigartige Weinmomente.
Hier noch 4 Empfehlungen aus Italien und Spanien. Grandiose Barolo erzeugen Borgogno und Mirafiore. Wen es eher zu Brunello zieht, sollte sich Poggio Antico merken und die Bodegas Muga ist ein ausgezeichneter Erzeuger aus dem Rioja.
Die Österreicher schaffen es Rieslinge und Grüne Veltliner auf die Flasche zu bringen – da legst di nieder. Größtenteils wurden 2012er Fassproben vorgestellt, da schlummert ganz großes! Vor allem die Wachau punktet mit Ihrer Einzigartigkeit und den renommierten Erzeugern. Besonders benennen möchten wir Veyder-Malberg und Martin Muthentaler. Eigene Stile, schlanke, ausdrucksvolle Weinunikate, Wahnsinn. Ebenfalls, weil irgendwie etwas anders, gefielen und Schloss Gobelsburg („Tradition“) und Kurt Angerer ganz hervorragend.
Im Rotweinbereich sah das schon wieder anders aus, 2010 hat deutlich Spuren hinterlassen. Wenn wir glücklich waren, dann mit 2009 oder 2011, und zwar richtig! Blaufränkisch (Leithaberg, Eisenberg) ist einfach sau gut. Am besten gefielen uns Toni Hartl, Prieler, Kollwentz, Uwe Schiefer, Nittnaus und Hans Moser.
Und ist der Magen noch so voll, ein Dessert geht immer. In Weinsprache, ein Riesling Kabinett geht immer. Beinahe konkurrenzlos vorn in der VDP-Ecke stand Geltz-Zilliken – so gut! Dahinter großes Drängeln auf sehr hohem Niveau mit sehr unterschiedlichen Stilrichtungen. Auf unsere persönliche Hitliste schafften es Othegraven, Joh. Jos. Christoffel, Schönborn und Ress.
Und da war sie auch schon zu Ende, die Prowein 2013. Anstrengend, manchmal nervig, voll, aber auch gut und lehrreich.
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